Interpretation: Der Taucher

(Last Updated On: 1. August 2014)

In der Ballade „Der Taucher“ von Friedrich Schiller geht es um einen König, der sein Gefolge aufruft, in einen Sog zu springen, um ihm seinen Becher zurück zu holen, den er davor hineingeschmissen hat. Der Knappe der es schafft ihn herauf zu holen, wird reichlich belohnt doch, als der König ihn ein zweites Mal auffordert, den Becher zu holen wird er in den Tod gesogen.

Die Ballade weist 27 Strophen auf mit jeweils sechs Verszeilen. Meistens erzählt ein allwissender Erzähler der von dem Geschehen berichtet. Dazwischen spricht der König immer wieder und auch der Knappe redet kurz. Es ist bei der ersten und dritten Verszeile, bei der zweiten und vierten Verszeile und bei der fünften und sechsten Verszeile jeder Strophe ein Endreim vorhanden.

Vor geraumer Zeit herrscht ein König, der einen goldenen Becher in einen Meeresstrudel wirft und sagt, dass derjenige der den Becher heraufholen kann ihn auch behalten darf. Niemand meldet sich freiwillig um in die Tiefe hinab zu steigen und sein Leben zu riskieren. Doch als der König zum dritten Mal nachfragt tritt ein mutiger Knappe hervor, legt seine Sachen ab und springt in die Tiefe. Das Wasser zieht den Jungen immer weiter hinab bis er ein Korallenriff erblickt an dem er sich festhält. Da sieht er auch schon den Becher und ergreift ihn sogleich. Nur wenige Momente später reißt ihn der Strudel wieder los. zu seinem Glück, diesmal nicht weiter in die Tiefe, sondern zurück an die Oberfläche des Meeres. Als der Junge oben beim König angelangt, gibt er dem König den Becher und muss genauestens berichten was er in der Tiefe unter dem Wasser gesehen hat. Der König belohnt den mutigen Knappen und gibt ihm auch noch zusätzlich einen Ring. Er verspricht dem Knappen bei seiner Ehre, dass wenn er noch einmal in die Tiefe hinabsteigen würde, er die Prinzessin zur Frau bekommen werde. So springt der Knappe gleich wieder ins Meer um den Kelch noch einmal heraufzuholen. Doch diesmal bleibt er für immer verschwunden.

Der Autor möchte mit seiner Ballade zum Ausdruck bringen, dass der Wissensdrang und die Gier nach immer mehr und mehr, auch tödlich sein kann.
von Estella Reinprecht

(14837)


History

2 Gedanken zu „Interpretation: Der Taucher“

  1. der taucher

    ballade von friedrich von schiller

    wer wagt es, rittersmann oder knapp,
    zu tauchen in diesen schlund?
    einen goldnen becher werf ich hinab,
    verschlungen schon hat ihn der schwarze mund.
    wer mir den becher kann wieder zeigen,
    er mag ihn behalten, er ist sein eigen.

    der könig spricht es und wirft von der höh
    der klippe, die schroff und steil
    hinaushängt in die unendliche see,
    den becher in der charybde geheul.
    wer ist der beherzte, ich frage wieder,
    zu tauchen in diese tiefe nieder?

    und die ritter, die knappen um ihn her
    vernehmen’s und schweigen still,
    sehen hinab in das wilde meer,
    und keiner den becher gewinnen will.
    und der könig zum drittenmal wieder fraget:
    ist keiner, der sich hinunter waget?

    doch alles noch stumm bleibt wie zuvor,
    und ein edelknecht, sanft und keck,
    tritt aus der knappen zagendem chor,
    und den gürtel wirft er, den mantel weg,
    und alle die männer umher und frauen
    auf den herrlichen jüngling verwundert schauen.

    und wie er tritt an des felsen hang
    und blickt in den schlund hinab,
    die wasser, die sie hinunterschlang,
    die charybde jetzt brüllend wiedergab,
    und wie mit des fernen donners getöse
    entstürzen sie schäumend dem finstern schosse.

    und es wallet und siedet und brauset und zischt,
    wie wenn wasser mit feuer sich mengt,
    bis zum himmel spritzet der dampfende gischt,
    und flut auf flut sich ohn ende drängt,
    und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
    als wollte das meer noch ein meer gebären.

    doch endlich, da legt sich die wilde gewalt,
    und schwarz aus dem weissen schaum
    klafft hinunter ein gähnender spalt,
    grundlos, als ging’s in den höllenraum,
    und reissend sieht man die brandenden wogen
    hinab in den strudelnden trichter gezogen.

    jetzt schnell, eh die brandung wiederkehrt,
    der jüngling sich gott befiehlt,
    und – ein schrei des entsetzens wird rings gehört,
    und schon hat ihn der wirbel hinweggespült,
    und geheimnisvoll über dem kühnen schwimmer
    schliesst sich der rachen, er zeigt sich nimmer.

    und stille wird’s über dem wasserschlund,
    in der tiefe nur brauset es hohl,
    und bebend hört man von mund zu mund:
    hochherziger jüngling, fahre wohl!
    und hohler und hohler hört man’s heulen,
    und es harrt noch mit bangem, mit schrecklichem weilen.

    und wärfst du die krone selber hinein
    uns sprächst: wer mir bringet die kron,
    er soll sie tragen und könig sein –
    mich gelüstete nicht nach dem teuren lohn.
    was die heulende tiefe da unter verhehle,
    das erzählt keine lebende glückliche seele.

    wohl manches fahrzeug, vom strudel gefasst,
    schoss jäh in die tiefe hinab,
    doch zerschmettert nur rangen sich kiel und mast,
    hervor aus dem alles verschlingenden grab.-
    und heller und heller, wie sturmes sausen,
    hört man’s näher und immer näher brausen.

    und es wallet und siedet und brauset und zischt,
    wie wenn wasser mit feuer sich mengt,
    bis zum himmel spritzet der dampfende gischt,
    und well auf well sich ohn ende drängt,
    und wie mit des fernen donners getose
    entstürzt es brüllend dem finstern schosse.

    und sieh! aus dem finster flutenden schoss,
    da hebet sich’s schwanenweiss,
    und ein arm und ein glänzender nacken wird bloss,
    und es rudert mit kraft und mit emsigem fleiss,
    und er ist’s, und hoch in seiner linken
    schwingt er den becher mit freudigem winken.

    und atmete lang und atmete tief
    und begrüsste das himmlische licht.
    mit frohlocken es einer dem andern rief:
    er lebt! er ist da! es behielt ihn nicht!
    aus dem grab, aus der strudelnden wasserhöhle
    hat der brave gerettet die lebende seele.

    und er kommt, es umringt ihn die jubelnde schar,
    zu des königs füssen er sinkt,
    den becher reicht er ihm kniend dar,
    und der könig der lieblichen tochter winkt,
    die füllt ihn mit funkelndem wein bis zum rande,
    und der jüngling sich also zum könig wandte:

    lange lebe der könig! es freue sich,
    wer da atmet im rosigten licht!
    da unten aber ist’s fürchterlich,
    und der mensch versuche die götter nicht
    und begehre nimmer und nimmer zu schauen,
    was sie gnädig bedeckten mit nacht und grauen.

    es riss mich hinunter blitzesschnell –
    da stürzt mir aus felsigtem schacht
    wildflutend entgegen ein reissender quell:
    mich packte des doppelstroms wütende macht,
    und wie einen kreisel mit schwindendelm drehen
    trieb mich’s um, ich konnte nicht widerstehen.

    da zeigte mir gott, zu dem ich rief
    in der höchsten schrecklichen not,
    aus der tiefe ragend ein felsenriff,
    das erfasst ich behend und entrann dem tod –
    und da hing auch der becher an spitzen korallen,
    sonst wär er ins bodenlose gefallen.

    denn unter mir lag’s noch, bergetief,
    in purpurner finsternis da,
    und ob’s hier dem ohre gleich ewig schlief,
    das auge mit schaudern hinuntersah,
    wie’s von salamandern und molchen und drachen
    sich regt’ in dem furchtbaren höllenrachen.

    schwarz wimmelten da, in grausem gemisch,
    zu scheusslichen klumpen geballt,
    der stachligte roche, der klippenfisch,
    des hammers greuliche ungestalt,
    und dräuend wies mir die grimmigen zähne
    der entsetzliche hai, des meeres hyäne.

    und da hing ich und war’s mit grausen bewusst
    von der menschlichen hilfe so weit,
    unter larven die einzige fühlende brust,
    allein in der grässlichen einsamkeit,
    tief unter dem schall der menschlichen rede
    bei den ungeheuern der traurigen öde.

    und schaudernd dacht ich’s, da kroch’s heran,
    regte hundert gelenke zugleich,
    will schnappen nach mir – in des schreckens wahn
    lass ich los der koralle umklammerten zweig;
    gleich fasst mich der strudel mit rasendem toben,
    doch es war mir zum heil, er riss mich nach oben.

    der könig darob sich verwundert schier
    und spricht: der becher ist dein,
    und diesen ring noch bestimm ich dir,
    geschmückt mit dem köstlichsten edelgestein,
    versucht du’s noch einmal und bringt mir kunde,
    was du sahst auf des meeres tiefunterstem grunde.

    das hörte die tochter mit weichem gefühl,
    und mit schmeichelndem munde sie fleht:
    lasst, vater, genug sein das grausame spiel!
    er hat euch bestanden, was keiner besteht,
    und könnt ihr des herzens gelüsten nicht zähmen,
    so mögen die ritter den knappen beschämen.

    drauf der könig greift nach dem becher schnell,
    in den strudel ihn schleudert hinein:
    und schaffst du den becher mir wieder zur stell,
    so sollst du der trefflichste ritter mir sein
    und sollst sie als ehegemahl heut noch umarmen,
    die jetzt für dich bittet mit zartem erbarmen.

    da ergreift’s ihm die seele mit himmelsgewalt,
    und es blitzt aus den augen ihm kühn,
    und er siehet erröten die schöne gestalt
    und sieht sie erbleichen und sinken hin –
    da treibt’s ihn, den köstlichen preis zu erwerben,
    und stürzt hinunter auf leben und sterben.

    wohl hört man die brandung, wohl kehrt sie zurück,
    sie verkündigt der donnernde schall –
    da bückt sich’s hinunter mit liebendem blick:
    es kommen, es kommen die wasser all,
    sie rauschen herauf, sie rauschen nieder,
    den jüngling bringt keines wieder.

    friedrich von schiller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert