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Reflexion über Meditation, Yoga, Taijiquan und Götter

Einleitung:
Ich wurde zwar katholisch erzogen, aber mittlerweile bin ich etwa 30 Jahre ohne Glaubensbekenntnis. Anfangs war das gar nicht so einfach, denn Ungläubige, werden von keiner Religion akzeptiert. Am ehesten werden Gottlose, abgesehen von Kommunisten, noch von den Buddhisten und Hindus akzeptiert, denn Daoisten trifft man hier ja leider ohnehin kaum. In dieser Anfangszeit war ich davon überzeugt, dass Religionen die schlimmste Geißel der Menschheit sind. Wenn man nicht gerade schwer indoktriniert ist und eine massive Gehirnwäsche hinter sich hat, braucht man sich ja nur umzusehen, um zu erkennen, was uns Religion und Gottesglaube (egal welcher Gott/Göttin) hier auf Erden seit tausenden Jahren bringt: „Leid, Krieg, Terror, Hass, Folter, Verfolgung usw. „. Daher habe ich mir vor langer Zeit gesagt, dass ich sicher keinen der Götter/Göttinen anbeten werde und auch keiner Religion Vorschub leisten werde, auch wenn sie offiziell, ganz nette und humane Grundsätze, Regeln, Gebote oder ähnliches haben und zum Beispiel Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit propagieren. Es ist völlig egal, welche der großen Weltreligionen man unter die Lupe nimmt, sie haben alle ganz ähnliche Grundlagen und Ahimsa, die Gewaltlosigkeit ist überall ein Gebot Gottes. Wie es von den GottesanbeterInnen umgesetzt wird, sieht man in den Geschichtsbüchern und Tageszeitungen – nein, danke! Das brauche ich auf keinen Fall. Es war mir immer völlig unverständlich, wie bigotte Heuchler von sich behaupten können, sie wüssten, was ihr Gott/Göttin von ihnen will und erwarte. Sie kennen ihren Gott und wüssten, wie sie ihm zu dienen haben. Denn damit stellen sie sich über Gott und falls es einen geben sollte, dann wird er ihnen das sicher nicht verzeihen.
Und wenn ein Gott/Göttin alles Leben erschaffen haben sollte, dann wird er den Menschen sicher auch nicht verzeihen, wenn sie seine Schöpfung korrigieren wollen, Leben vernichten und quälen. Aber wie gesagt, das Gottesproblem ist lange nicht mehr meines und trotzdem werde ich immer wieder von Bekehrern und besonders gläubigen Menschen damit konfrontiert, um nicht zu sagen, mit ihrer Religion und ihren Göttern terrorisiert. De Buddhismus war mir, für mich, am akzeptabelsten, aber leider kann ich mit Wiedergeburt genau so wenig anfangen, wie mit einer Gottheit. Ich lernte auch einige Naturreligionen kennen und fand mir, wie bei jeder Religion, einige gute Ansätze, die mir aber auch nur teilweise theoretisch ganz vernünftig klingen und nur in bestimmter Umgebung Sinn machen.
Vor etwa 10 Jahren begann ich mich für den Daoismus zu begeistern. Endlich fand ich einen Weg, der nicht nur als Philosophie gilt, sondern von Sinologen (aber hauptsächliche nur von diesen und für diese) sowohl als Philosophie, als auch als Religion bezeichnet wird. Nun, die ersten Schriften sind mir fantastisch, wie die meisten heiligen Schriften. Mir sind nahezu alle heiligen Schriften aus allen Kulturen unglaubliche Schätze, die auch mir heilig sind und deren Verfasser ich sehr bewundere. Leider ist die Interpretation, Umsetzung und Weiterentwicklung der Gedanken in jeder Religion eine einzige Katastrophe für mich. Leider auch bei den Daoisten, obwohl es mich da am wenigsten stört, denn das Grundkonzept ist so genial, dass es kaum kaputt interpretiert werde kann. Von diversen aktuellen Weltanschauungen will ich hier gar nicht sprechen, aber jede aus jedem Gebiet passt in mein Dao und selbst als Physiker hätte ich mit verschränkten Teilchenpaaren, Quanten, Relativität, Energie und Materie bestimmt kein Problem, sie in das daoistische Prinzip einzuordnen, ohne dabei Yin und Yang überstrapazieren zu müssen.
Zur Sache:
Warum notiere ich mir das heute? Weil ich vor Jahren mit meinem Vorankommen in der daoistischen Meditation, mit meiner Beweglichkeit und mit meinem Gleichgewichtssinn unzufrieden war und daher mit Yoga begann.
Schnell habe ich erkannt, dass ich bezüglich Beweglichkeit, Gleichgewicht und Konzentration gute Fortschritte erzielen kann, die mein Gongfu in Taijiquan verbessern sollte. Doch dann machte ich den Fehler, das eigentliche Ziel von Yoga zu erkunden, weil ich das System ja nicht für einen daoistischen Taijiquan Zweck „missbrauchen“ wollte. Es wurde mir klar, dass das eigentliche Ziel von Yoga Samadhi sein sollte und es wurde mir immer bewusster, dass im Endeffekt (Samadhi) die 4 Yogawege nicht getrennt werden können.
Raja Yoga nennen sich die meditativ orientierten Stufen des Achtgliedrigen Yoga nach Patanjali (auch Ashtanga Yoga genannt: „Ashta“ = acht, „Anga“ = Teile).
Jnana Yoga (Yoga der Erkenntnis, intellektuelle Richtung)
Karma-Yoga (Yoga der Tat, des selbstlosen Handelns)
Bhakti Yoga (Yoga der Verehrung/Hingabe an Gott oder eine Ishtadevata)

Egal welcher Weg hauptsächlich gegangen wird, er wird dich zu einer Gottheit führen.
Raja oder Asthanga Yoga schien mir, für mich am geeignetsten, denn Hata Yoga ist ja überhaupt nur eine Stufe zum Raja Yoga.

Zitat aus Wikipedia:

Der Begriff Hatha Yoga wurde in der Hathapradipika verwendet, einer Yogaschrift aus dem 15. Jahrhundert. Dort grenzt er den spirituellen Yoga (wie etwa Raja Yoga) vom körperlichen Yoga (Hatha Yoga) ab. Hatha Yoga bezeichnet hier eine Stufe auf dem Weg zum Raja Yoga.

Der Raja Yoga besteht aus „acht Stufen“ oder „acht Gliedern“ (Ashtanga), die aufeinander aufbauen:

  • Yama, die 5 Enthaltungen
  • Niyama, die 5 Verhaltensregeln
  • Asana, Zusammenführung von Körper und Geist durch Yoga-Asanas, wörtl. „ruhige (Körper-)Stellung“
  • Pranayama – Zusammenführung von Körper und Geist durch die Atmung
  • Pratyahara – das Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt
  • Dharana – Konzentration auf nur einen Gedanken
  • Dhyana – Meditation, Kontemplation
  • Samadhi – der überbewusste Zustand, („Erleuchtung“, „Selbstverwirklichung“, „Vereinigung mit der Kraft des Ishvara“, „Eins-Werden mit dem Pranava“)

Nun, das klingt recht gut und ich habe mir viele, viele gute Möglichkeiten gefunden, die mir zur Selbstverwirklichung hilfreich sein können, aber wo befinde ich mich am Ende? Bei einer Gottheit und zusätzlich noch bei der Wiedergeburt! Genau das will ich vermeiden. Mit diesem Bewusstsein kann ich aber die hervorragenden Techniken annehmen und für mich nutzen. Genau so, wie ich die „heiligen“ Schriften aller Religionen für mich nutze, oder die Arsch-Engel von Robert Betz:

Summa summarum haben mir meine Ausflüge etwas gebracht, neben den körperlichen Fortschritten nenne ich hier nur Tratak, Mantren, Kirtan und 5 verschiedene Atemtechniken, und ich werde Yoga auf jeden Fall weiter betreiben, aber im großen und ganzen bin ich wieder dort, wo ich angefangen habe, nämlich bei Taijiquan, der stehenden Säule (Zhàn zhuāng), dem Sitzen in Selbstvergessenheit und dem Daoismus.

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