Sexualtrieb und Liebe

(Last Updated On: 18. März 2014)

weIch will ganz sicher nicht in die Fußstapfen von Freud treten und mein Es und Überich wollen das auch nicht, aber trotzdem waren der Sexualtrieb und die Liebe ein wesentlicher Bestandteil meines gesamten bisherigen Lebens. Liebe ist es immer noch, obwohl ich nicht einmal definieren könnte, was das ist. Aber, obwohl ich noch nicht impotent bin, höchstens zeitweise präpotent, spielt erfreulicher und erleichternder Weise die Sexualität, zumindest was geschlechtliche Sexualtität betrifft, keine wesentliche Rolle mehr. Das ist ein sehr gemütliches Leben, wenn dieser Trieb nach Fortpflanzung endlich Ruhe gibt. Es fällt eine starke undurchschaubare Dauerbelastung weg. Sexualität „nur“ als Ausdrucksmittel der Zuneigung und Liebe zum Partner ist nicht vergleichbar mit meiner früher schier unbändigen Mick-Jagger-Geilheit (der wird das ja hoffentlich nicht lesen), wo man alles rammeln möchte, was sich bewegt und im Idealfall einen Kittel an hatte.
Ich hatte schon bei meinen Kindern sehr ausgeprägte Muttergefühle und einen Mutterinstinkt und ich durfte zumindest bei meiner Tochter auch die Mutterrolle spielen, was mich in den Himmel auf Erden versetzte. Trotzdem finde ich es jetzt erstaunlich, dass es mir vorkommt, als sei ich vor Jahren in die Wechseljahre gekommen, denn immerhin bin ich immer noch ein „ganzer Mann“. Zuerst war da eine Aufgewühltheit und eine Art Torschlusspanik. Dann folgte endlich ein innerer Frieden, der mich mein Leben davor wie das Mittelalter in der Geschichte erscheinen lässt. Ich kann mich auch noch ganz blaß am meine Sturm und Drang Zeit (die Jugend) erinnern, aber sie ist längst überwunden und das Mittelalter (auf der historischen Zeitachse ist das zwar inkorrekt, aber ich bin ein Individuum) ist inzwischen auch überwunden.
Die letzten Jahre fühlen sich wie das goldene Zeitalter an. Zufriedenheit und Glücksgefühl macht sich in mir breit. Aus früherer Sicht müsste ich sagen, dass ich jetzt grundlos glücklich und zufrieden sein kann, obwohl ich viele gute Gründe (meine Lieben) dafür habe. Früher konnte ich es nicht einmal mit bewusstem Grund, bzw. nur sehr, sehr kurz. Fast so kurz wie ein Orgasmus. Dann kam schon die postkoitale Krise, das Moratorium und los ging der harte Kampf des vom Sexualtrieb gesteuerten Lebens. In der Situation, die immerhin fast 50 Jahre lang dauerte, empfand ich es gar nicht als hart und brutal, sondern es war normal. Aber jetzt empfinde ich, dass ich es als hart und brutal empfinden hätte können.
Aber wenn man hoch schaukelt oder geschaukelt wird, dann hat man weder Sinn für Ruhe und Stille, noch eine Kontrolle über die Bewegung. Eine gewisse, sehr kraftraubende Kontrolle hatte ich natürlich schon immer und ich hoffe auch, dass ich selbst in meiner Sturm und Drang Zeit und meinem Mittelalter keine anderen Menschen, besonders Frauen, verletzt habe. Aber stark überzeichnet möchte ich damit vergleichen, dass ein hungriger Tiger sicher keinen Gedanken an das Wohlergehen seiner Mahlzeit verschwendet. Nun ich denke, ich bin kein Tiger und auch nicht hungrig, aber ich habe sicher unabsichtlich Menschen, vor allem Frauen, gefühlsmäßig verletzt. Das tut mir zwar Leid, aber ich selbst habe mich dadurch nahezu gefühlsmäßig verstümmelt. Ich war ein Zerissener im Ozean stürmischer Gefühle. Einmal am Wellenkamm, dann im Wellental und manchmal darunter, so surfte ich durchs Leben.
Endlich glätteten sich die Wogen und jetzt glaube ich bei ruhiger See tief zum Grund hinab zu blicken. Keine Androgene trüben das Wasser und mir ist sehr klar bewusst, dass ich nur das sehe, was ich zu sehen vermag, wenn ich nichts bestimmtes sehen will (soweit mir das möglich ist).
Nicht, dass ich je absichtlich falsch gehandelt hätte oder jemand Schaden zugefügt hätte, ganz im Gegenteil, aber diese unbewusste, triebhafte Steuerung meiner Handlungen, erweckt mir erst jetzt Bedenken, obwohl ich nun ganz natürlich alt, oder zumindest viel älter geworden bin und mich großteils von dieser anstrengenden Triebhaftigkeit befreit empfinde. Lieben kann ich aber noch wie in meiner Jugend, oder sogar intensiver.
dadamussicheinfachichsein

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