Push-irgendwas-Anwendungen im Taijiquan

Heute frage ich mich wieder einmal, wo sich TCC wohl hin entwickeln mag. Einerseits kann man an jeder VHS schon chinesische Gruppen-Gymnastik lernen, die sie als Taijiquan bezeichnen und andererseits sehe ich Entwicklungen in Richtung Kampfsport und komplett ineffizienter SV. Ich meine, wer TCC zur Selbstverteidigung lernt ist mir ohnehin suspekt, aber wenn dann Angriffstechniken vermischt mit push hands unterrichtet werden, obwohl die Ausführenden kaum auf einem Bein stehen können, kann ich mich nur mehr sehr darüber wundern. Aus einer hoch entwickelten System wird damit entweder ein Gerangel und Gewurstel, das sich eventuell noch für Schlägertruppen auf der Straße eignet, oder ein esoterischer Tanz für Pensionisten, der womöglich noch mit Musik und Räucherstäbchen vorgeführt wird.
Erfreulicher weise wurde ich in den Schulen, die ich bis jetzt besuchte weitgehend von solchen Tendenzen verschont, aber ich finde immer häufiger Hinweise, auf eine derartige Entwicklung. Einer, der wesentlichsten Vorteile von TCC gegenüber Kampfsport und diversen SV-Techniken ist eben genau der, dass man im TCC keine Angriff-Block-Reflexe eintrainiert und das Schlüssel-Schloss-Prinzip ignorieren kann, wie es im Push Hands von Jan Silberstorff beschrieben wird. Man muss nicht auf tausend mögliche Angriffe tausend mögliche Blocks bis zum Umfallen einüben, sondern man kann sich auf die wenigen grundlegenden Prinzipien verlassen. Die müssen dafür aber konsequent eingehalten werden. Abgesehen davon, stehen Angriffstechniken überhaupt im Widerspruch mit „die Kraft des Gegners nützen“ und auch historisch gesehen wäre es nicht gerade sinnvoll gewesen, unbewaffnet einen Soldaten mit bloßer Faust anzugreifen.
Wie dem auch sei, für esoterischen Tanz habe ich ja noch einiges übrig, aber wer glaubt sich mit TCC verteidigen zu können, sollte sich vorher zum Test einmal ein paar Sekunden (bis zum Bretterkuss) mit einem Boxer in den Ring stellen.
Ältere Damen tun sich mit einem Pfefferspray wahrscheinlich auch leichter als mit einem Fersenkick.
Ich persönlich bin ja nicht wirklich betroffen und über TCC zukünftig in ungetrübter Freude nach meiner Regel zur Zeit- und Aufwandeinteilung: ich versuche TCC den ganzen Tag über in den Alltag zu integrieren und von den Übungszeiten wende ich etwa 80% der Zeit für die Form auf, 15% für Grundübungen, 4.5% für push hands und 0,5% für Anwendungen.
Meiner Meinung nach ist TCC ein Neigong System, das als Bewegungssystem in erster Linie die Entwicklung der Lebensenergie fördern soll, genau so wie Hsing-I und v.a. auch Ba Gua im Gegensatz zum Qigong soll es von innen (Zentralenergie) nach außen (periphere Meridiane) wirken. Es soll den Körper verjüngen und den Geist klären, Krankheiten und Verletzungen heilen, die Gesundheit ganz allgemein erhalten und verbessern und spirituelle Anlagen zur Reife bringen. Und erst darüber hinaus, könnte es von Meistern (aber sicher nicht von mir) auch zur Selbstverteidigung benutzt werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert