Peng, peng und noch einmal: Peng Jin!

Ich habe schon im Oktober 2008 ein wenig über „peng“ nachgedacht und recherchiert, siehe Peng Jin, die wichtigste Kraft im Taijiquan, aber der Artikel Abwehren / Peng – Tai Chi Technik und Uebung hat mich erneut auf dieses Thema gebracht.
Heute kann ich dazu nur sagen, dass bei meinen Übungen und Anwendungsübungen „peng jin“ keine besondere Vormachtsstellung hat (und das liegt wahrscheinlich nicht nur an meinem
Anfängerstadium), sondern das alle 4 primären und alle 4 sekundären Kräfte gleich wichtig waren. Ich meine, Peng Jin ist nur insofern die gefährlichste Kraft, weil sie am stärksten dazu verleitet, in das „Kraft gegen Kraft-Prinzip“ zu verfallen und damit wären alle Taiji-Prinzipien verloren.
Zweitens wirkt sie beim ersten Kontakt sehr leicht als Lotse ins eigene Zentrum. Ich halte mich daher an meinem Lehrer, der sich an Ma Yueliang orientiert und meint, dass es sich bei „Peng Jin“ um Sensibilität und nicht um eine abwehrende Schutzstruktur handelt. Es ist die Kraft bzw. Fähigkeit (erinnert mich an den Kollektor-Emitter-Widerstand einer Transistor-Messschaltung) mit dem ganzen Körper die Richtung und Stärke der hereinkommende Kraft zu messen.
Vergleichbar auch mit der Auftriebskraft des Wassers, das ein Boot treiben lässt, aber nicht die Antriebskraft des Bootes ist.

Bemerkenswerter weise habe ich dazu auch gelesen, dass nicht nur physischer Widerstand zur doppelten Gewichtung führen soll, sondern sogar schon mentaler Widerstand.

Als praktische Anwendung wird im Skriptum von N. Deistler Wilhelm Mertens zitiert. Freie Wiedergabe: „Wenn sich jemand in Bewegung setzt, oder eine Kraft zu wirken beginnt, stoppe ich diese Kraft, bevor sie sich entfalten kann.“

Dabei wird die ankommende Kraft in Richtung und Stärke gemessen, ohne den geringsten Widerstand zu bieten, nicht einmal geistig! Dann wird die Kraft aufgenommen (die das Wasser die Kraft eines hineingeworfenen Balls aufnimmt) und wieder abgegeben (der Ball kommt zurück). Das liest sich recht einfach, aber beim Versuch merkt man, dass es alles andere, nur nicht einfach ist.
Auch die Aussagen von Patrick Kelly dazu finde ich sehr interessant. Er spricht hier von „Intercepting“ und die Bezeichnung Jie Jin (abfangende, borgende Kraft) wird benutzt, um das inhärente Timing zu Peng Jin zu beschreiben, in Form von frühen, oder späten Intercepting.

Im genannten Skriptum finde ich eine zusammenfassende Beschreibung, die mir gut gefällt: Peng Jin (Quan, Himmel, Süden) ist eine intelligente, elastische Kraft mit der Fähigkeit zu spüren und zu messen, zu interpretieren und die Kraft des anderen zu borgen.

Damit wird klar, dass Peng Jin nicht nur eine gerichtete physikalische Größe ist. Mit einer zeitlichen Änderung des Impulses kommt man auch nicht weit und selbst „Kraftteilchen“ Eichbosonen können hier kaum zur näheren Beschreibung beitragen.

Übrigens, falls jemand denkt, Tai Chi ist eine Form, egal mit welchen Figuren und in welchem Style auch immer, der hat damit natürlich ein unlösbares Problem, es sei denn, er misst mit Peng den Luftwiderstand und besiegt dann damit die Windmühlen. 😉

3 Gedanken zu „Peng, peng und noch einmal: Peng Jin!“

  1. Ich habe auf einer recht schönen Seite gerade eine Aussage zu „Peng“ gefunden, der ich mich nicht anschließen kann. Ich zitiere aus der Seite, aber ich will sie nicht nennen, um den Autor nicht zu kompromitieren.

    Beim „Peng“ (Abwehr) handelt es sich um die wichtigste Technik im Taiji Quan. Es gilt, seinen Platz zu behaupten, sich nciht zurückdrängen zu lassen, aber auch nicht mit Kraft gegen den Gegner zu arbeiten.

    Ich halte „Peng“, womit in dem Kontext eigentlich nur Peng Jin gemeint sein kann, überhaupt für keine Technik, sondern für eine Kraft und zwar nicht die wichtigste. Oder hält man ev. auch „Yang“ für wichtiger als „Yin“? Damit wäre das Yin-Yang-Prinzip zerstört und damit auch das, meiner Meinung nach, wichtigste Prinzip von TCC. Der zweite Satz birgt einen Widerspruch, der Taijiquan zu dem werden läßt, was es meiner Meinung nach nicht sein sollte, ein mystisches Hokuspokus. Yin neutralisiert Yang, Kraft kann man borgen, ich aber „messe“ und ziehe mich zurück, mit einem: „Verwurzelung hin, Verwurzelung her, „peng“ ist das aber sicher nimmer mehr.“

  2. Wenn man es sich einfacher machen möchte, kann man Abstraktionen und Symbole als Hilfsmittel verwenden und Wuji als Anfang und Ende von Taiji (jeder Form, die u.a. ja auch eine Abstrahierung darstellt) sehen. Bei hirarchischer Sichtweise kann man Yin und Yang als Teilmengen des Wuji nehmen und Peng Jin hat bestimmt vorwiegend Yangqualität. Doch sollte man sich bei dieser Betrachtungsweise das Yin-Yang-Symbol in Erinnerung rufen und sich fragen was wohl der weiße Punkt im schwarzen Feld bedeutet. Man kann versuchen immer mehr zu abstrahieren und noch einfachere Modelle zu Hilfe nehmen, aber irgendwann wird eine Vereinfachung einfach unmöglich und ist auch zur Demonstration als Beispiel unzulässig, bzw. macht es keinen Sinn mehr, wie eine Leervergrößerung eines Bildes auch die Auflösung nicht verbessern kann. So ist es auch mit dem System Wuji – Yin, Yang – 8 Grundkräfte im Taiji. Der Versuch Peng Jin mit Yang zu erklären bringt meiner Meinung nach nicht viel.

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