Meine Qi-Empfindung

Schwanenherz

Schwanenherz von Wikimedia

Ich habe nun schon einige Artikel zum Thema Qigong und Taijiquan geschrieben. Bezüglich Taijiquan habe ich auch schon “Meine erste Reflexion zu Taijiquan” hinter mir. Nun habe ich das Bedürfnis, auch über Qigong bzw. meine Chi-Empfindung nachzudenken. Besonderer Anlass dazu sind mir die Trolle, die sich da so in der Qigong Szene herumtreiben, bzw. hoffnungslos arme Ahnungslose, auf die nur der Spruch passen würde: “Wer mehr weiß, muss weniger glauben.” Es ist mir peinlich, dass ich zugeben muss, gerne Qigong zu betreiben, wenn ich in manchen Foren deren Qi-Erlebnisse lese. Natürlich respektiere ich jede introspektive Erfahrung und selbstverständlich darf jeder seinen (leichten, schweren, hellen, dunklen, vorgeburtliche oder …. Qi) empfinden wie er will, aber mir wird es dann eben peinlich, wenn ich die gleiche Bezeichnung für ganz etwas anderes gebrauche. Meinen Qi kann man nicht so einfach über Gegenstände absorbieren oder mit dem Löffel essen, speichern und zirkulieren lassen. Außerdem muss ich auch ganz sicher nicht darauf achten, dass mir mein Chi nicht geraubt wird.
Schon vor einiger Zeit habe ich hier allgemeine Information dazu gesammelt, siehe z.B.: Kundalini, Tai Chi und der heilige Geist

Nun aber zu meiner Qi-Empfindung:
Vor 30 Jahren beschäftigte ich mich mit Autogenen Training und schon bei den ersten Qigong Übung stellte sich absolut 100%ig das gleiche Gefühl ein. Also die Körperbereiche die ich damals mit Autosuggestion entspannen konnte und mich im entspannten Zustand, ganz auf sie konzentrieren konnte, fühlten sich ganz genau so an, wie wenn jetzt irgendwo mein Qi ist.

Nun ist es so, dass jede Körperempfindung biochemisch und physiologisch nachweisbar ist und meist sogar am Gehirn gemessen werden kann. Siehe dazu auch Prinzipien, einfach erklärt, in meiner inzwischen schon lange veralteten Prüfungsvorbereitung für Physio. Von der sensorischen Seite (Rezeptoren, sensibel) nach zentral zum Gehirn gibt es einige Phänomene, die aber teilweise ganz gut geklärt sind. Z.B. beim “Übersprechen” von Nerven, oder der zentrale Schmerz. Das heißt, man kann z.B. tatsächlich Schmerz im linken Fuß empfinden, obwohl man das linke Bein gar nicht mehr hat. Natürlich kommt es ihnen dann nur so vor, als hätten sie den Schmerz im Fuß, er ist ja nicht mehr da, also kann er nicht wirklich selbst schmerzen.
In der umgekehrten Richtung möchte ich herausgreifen, dass man am motorischen Cortex Potentiale ableiten kann, sobald der Mensch sich vorstellt, eine Bewegung ausführen zu wollen. Man kann dies sogar schon nützen, um Querschnittgelähmten eine Möglichkeit zur Steuerung eines Gerätes zu geben.
Das bedeutet, wenn ich mir vorstelle, ich hebe die Hand, dann feuern bestimmte Neurone (Nervenzellen) in einem bestimmten Gehirnareal Impulse (Aktionspotentiale) ab, unabhängig davon, ob ich die Bewegung ausführe, bzw. ausführen kann. In Taijiquan sage ich dazu Xi. Stelle ich mir nun nicht nur die einzelne Bewegung eines Muskels bzw. einer Muskelgruppe vor, sondern sehe ich im geistigen Auge, wie sich meine Hand hebt (Xi) und sie hebt sich dann tatsächlich, ohne dass mir die einzelnen Teilbewegungen bewusst werden, sage ich dazu Chi. Man könnte es also als eine Summe unbekannter Aktivitäten von Nervenzellen und Botenstoffen im Körper bezeichnen, oder meinetwegen auch als Lebensenergie, oder als Atem. Allerdings kommt mir bei der Vorstellung, mein Chi wäre Atem immer das Bild, ich, besonders mein Bewegungsapparat, wäre ein pneumatisches System. 😉

Religionen, Philosophien, Rituale und Geistergeschichten kann ich ganz gut dazu nutzen, um mir das alles noch besser vorstellen zu können und ein wenig zu illustrieren. Die Geschichte von Einsteins (oder war es Bohr) Hufeisen über der Tür (wenn ich mich richtig erinnere) kennen Sie vermutlich. Heisenberg oder so, fragt ihn, ob er abergläubisch sei. Er antwortet, nein, aber ich habe gehört, es hilft auch dann, wenn man nicht daran glaubt. 😉
Mich unterstützen Symbole, Rituale bzw. Übungen jedenfalls auch, daher betreibe ich Qigong und vor allem Taijiquan. Die Aussage, die fast jeder Taijiquan-Schüler nachplappert, Tai Chi ohne Qi bzw. ohne Qigong sei einfach “nur” Gymnastik die man Tai Chi, nennt halte ich für überheblichen, bzw. einfältigen Stuss. Das könnte zutreffen, wenn man die Formen lernt und alle anderen Prinzipien von Taijiquan dabei außer acht lässt, aber nur dann wäre es möglich und mit Qi oder Qigong hat das absolut nichts zu tun.
Wenn man in der Grundstellung (ich meine jetzt nicht den Chaosstand, bzw. die Grundstellung Wu Chi, sondern die Pferdestellung):

Den Körper aufrecht halten und entspannen, den linken Fuß einen halben Schritt nach links bis Schulterbreite bewegen. Die Zehenspitzen der beiden Füße nach vorn strecken und das Gewicht zwischen die Beine legen. Die Beine beugen, wobei die Kniescheiben nicht über die Zehenspitzen hinausreichen sollen. Die Schultern entspannen, die Hüften sinken lassen und den Akupunkturpunkt Baihui mit dem Perineum auf einer senkrechten Linie halten, um die Pferdestellung zu erreichen

Also wenn man in dieser Grundstellung alle Muskeln soweit entspannen kann, dass man gerade nicht in sich zusammenfällt, aber sonst nicht einmal eine einzige Faser eines einzigen, wenn auch noch so unbekannten und unbedeutenden Muskels einen höheren Tonus hat als den, der am wenigsten Energie bedarf, dann wage ich zu behaupten, der Übende kann nicht einmal die Grundstellung perfekt, geschweige denn, eine einzige, auch noch so kleine taichiquanmäßige Bewegung. Wenn dann bei einer Bewegung alle Grundprinzipien eingehalten werden, nenne jetzt nur die Gewichtung, dann ist das für mich keine Gymnastik namens Yang-Style, Pekingform oder was weiß ich, sondern Taijiquan, oder eben Qigong. Ich behaupte weiteres sogar, dass man über die Anwendungsmöglichkeit einer Figur nicht einmal Bescheid wissen muss, das ergibt sich alles von selbst.

Wenn aber jemand beschreibt, wie er den Qi aus Wänden, Bäumen, dem Kosmos usw. aufnimmt und dann in seinem Körper so stark spürt und … weiß ich nicht, ob es ungehörig ist einen Lachanfall zu bekommen, aber meist ist mir danach. Manchmal vergeht mir dadurch auch jede Lust an weiteren Übungen, da ich die gleichen Übungen ja auch Qigong bzw. Taijiquan nenne. Es ist vielleicht besser ich bezeichne es in Zukunft als Gymnastik im Qigong oder Tai Chi Style, damit ich mich eindeutig von so manchen Trollen distanzieren kann.

Ähnliche Artikel:
Kundalini, Tai Chi und der heilige Geist
Qigong: Die Wege und Speicherorte des Qi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert