Der Weg der Stehenden Säule, Zhan Zhuang

(Last Updated On: 10. Oktober 2018)

Stehen wie ein Baum, den Ball halten oder die Stehende Säule sind Benennungen einer Übung aus dem System des Zhan Zhuang, die schamanistischen und magischen Ursprungs zu sein scheint. Der Ursprung dieser Qi Gong-Methode liegt weit zurück in der Geschichte Chinas. Es gibt Hinweise auf diese Stehmeditation im Dao De Jing (dem grundlegenden daoistischen Werk, welches Laozi (ca. 600 v. Chr.) zugeschrieben wird). Laut Dao De Jing heisst es: „Alleine stehst du, unwandelbar und nimmst alle Geheimnisse wahr, gegenwärtig in jedem Augenblick und im unendlichen Fließen: Dies ist das Tor zu unbeschreiblichen Wundern“, im Buch des Gelben Kaisers (ca. 200-100 v. Chr.), dem Huangdineijing heisst es im Gespräch des Kaisers mit seinem Leibarzt: „Ich habe gehört, dass in alten Zeiten es geistige Wesen gegeben hat; sie standen zwischen Himmel und Erde und verbanden das Universum; sie verstanden das Yin + Yang und lenkten die Prinzipien der Natur; sie atmeten den Stoff des Lebens; sie versenkten sich bewegungslos in den Geist des Lebens und Sehnen und Fleisch waren eins“.

Dann werden die Standpositionen und Stile beschrieben, die Ebenen der Regulation und die Phasen der Durchführung. Schließlich kommt man zu den 3 Entwicklungsphasen.
Entwicklungsphasen
In der 1. Phase erarbeitet der Praktiker seine äußere Haltungsstruktur. Er steht entspannt, am Scheitel wie aufgehängt, mit schulterweiten, parallel gestellten und tief verwurzelten Füßen, in den Knien leicht gebeugt. Die Augen sind zu 2/3 geschlossen. Die Wirbelsäule hängt im senkrechten Lot herab. Die Leisten sind gebeugt, als wenn man sich setzen wolle. Die Arme sind zum Brustkorb gehoben, als wenn ein großer Ball umarmt wird. Das Himmlische Auge bzw. das Obere Dantian zwischen den Augenbrauen ist gelöst und schaut ins Untere Dantian. Der Unterbauch ist das Zentrum. Der Qi Gong Meister Li Zhichang sagt: „Auf 3 Säulen ruhen wir, an 3 Fäden hängen wir, Dantian ist Mittelpunkt“. Hier kann man z.B. zunächst die ganze rechte Körperseite lösen und durchlässig machen, dann erarbeitet man so die linke, vordere und hintere Körperseite, um schließlich vom Scheitel bis zur Sohle den gesamten Körper zu lösen und durchlässig zu machen. Es scheint, als setze man sich in die gelöste Struktur.
Für viele ist diese Phase sehr schwierig und ohne Korrektur durch einen erfahrenen Lehrer ist schon hier ein Weiterkommen sehr unwahrscheinlich. Unser gesamter Halte- und Stützapparat hat im Laufe unseres Lebens eine Haltungsstruktur entwickelt, die durch uns bzw. unsere Angewohnheiten, Verletzungen, Psychotraumata, Charakterkonditionierungen und Sozialisierungen geprägt ist. Der Geist ist sehr unruhig….
Die 2. Phase unserer Entwicklung in der Stehenden Säule nutzen wir, um die Entspannung zu vertiefen. Nach Haut, Muskeln und Sehnen werden die inneren Organe gelöst, noch mehr schwerer Ballast kann absinken. Beim Absinken der Energien fließen 80% ins untere Dantian, 20% weiter durch die Beine bis zu den Füßen und in die Erde. Obwohl die Beine fast zu platzen scheinen, rührt dieser Effekt nicht ausschließlich von einer Energiefülle, sondern auch von den „schwereren“ Substanzen wie z.B. Blut, Lymphe, Gewebeflüssigkeit. Aber dies ist keine Einbahnstraße, zur absinkenden Energie kommt eine, durch die richtige Erdung aufsteigende Energie. Diese sollte zunächst zu 80% über das hintere Dantian (Hou Dantian=Ming Men) in die Nieren und zu 20% zum Scheitel fließen. Wie in Phase 1 kann man hier alle Körperseiten einzeln, dann gesamt, lösen, um schließlich auch die Haut zu lösen, als wenn man in alle Richtungen strahlt. …
Mit Beginn der 3. Phase ist der Übende in einem wirklich tranceähnlichen Zustand, wo er alle aktiven Vorstellungen unterlässt. Das Alltagsbewusstsein ist immer mehr in den Hintergrund getreten. Seine beobachtende Funktion ist vollends erloschen. Jedes bewusste Gefühl für sich selbst, ja sogar für Zeit und Raum, verliert sich. In diesem Zustand ist stundenlanges Stehen möglich.
Die 3. Phase eröffnet dem Praktizierenden die volle spirituelle Tiefe, fern ab von allem Dogma und Methoden. Hier muss selbst die Methode, die uns bis hierhin gebracht hat, wie ein Werkzeug nach getaner Arbeit aus der Hand gelegt werden.
Mit einer spirituellen Ausrichtung dieser Übung kamen wir in den ersten zwei Phasen durch unsere Erfahrung mit der Übung zu einigen Erkenntnissen, jetzt in der 3. Phase können wir zur Erleuchtung gelangen.

Mit der Zhan Zhuang-Übung steht uns eine Übung zur Verfügung, welche seit tausenden von Jahren durch ihre umfassende, stärkende, harmonisierende Wirkung von Meistern verschiedenster Systeme hoch geschätzt wird. Die Stehende Säule ist u.a. wie eine energetische Dusche mit stark reinigender und stärkender Wirkung. Hier gilt: „Wer sich waschen will, muss sich auch nass machen“. …

Lesen Sie den ganzen Artikel auf Der Weg der Stehenden Säule
Der Originaltext stammt von Gerhard Milbrat
Als Quellen- und Literaturempfehlung findet man:

  • Wong Kiew Kit/Die Kunst des Qi Gong
  • Lam Kam Chuen/Energie und Lebenskraft durch Qi Gong
  • Thomas Milanowski/Die magischen Körper-Geistübungen Chinas und deren Verbindung zum Schamanismus
  • Thomas Heise/Qi Gong in der VR China (Entwicklung, Theorie, Praxis)
  • Mantak Chia/Eisenhemd Chi Kung
  • Hrsg. Martina Darga/Xingming Guizhi-Das alchemistische Buch vom inneren Wesen und Lebensenergie
  • Ute Engelhart/Fu Qi Jing Yi Gung/Sima Chengzhen; Die klassische Tradition der Qi Übungen
  • Chen Xiaowang/Chen Family Taijiquan of China
  • Chen Shi Taijiquan Jing Xuan/Feng Zhiqiang: “The Chen Style Taijiquan Journal”

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3 Gedanken zu „Der Weg der Stehenden Säule, Zhan Zhuang“

  1. Pingback: Die Hüfte im Taijiquan | Helmeloh's Notizblog
  2. Es ist übrigens auch ein empfohlenes Training, irgend eine Position einer Figur einzunehmen und dann möglichst lange in dieser Stellung zu verharren. Nach einiger Zeit geht einem die Kraft aus und man wird dadurch gezwungen, sich dabei zu entspannen. 🙂

  3. Stehende Säule:
    Die stehende Säule (Zhan Zhuang) ist die fundamentalste Übung im System der Chen Familie. In dieser Stehmeditation wird der Körper in sein natürliches Lot, sein natürliches Gleichgewicht gebracht. Mit wachsender Eigenwahrnehmung wird der Übende immer feiner physisch, psychisch und energetisch auf sein Körperzentrum ausgerichtet und erfährt so die Verbindung von Körper und Geist und somit eine ganzheitliche Zentrierung in sich selbst. Durch zentrumsorientierte Ausrichtung des Körpers, als Voraussetzung zur Entspannung, werden Blockaden gelöst und Energie (Qi) kann frei fließen.

    Reeling Silk, Seidenübung:
    Die verschiedenen Seidenübungen (Chan Si Gong) vermitteln die grundlegendsten Bewegungsprinzipien des Systems. Der Körper wird in ständigem Gleichgewicht vom Zentrum aus in simplen Routinen geführt. In diese werden Energiekreisläufe initiiert, welche dem Yin-Yang-Prinzip folgen und weiterführend in allen Bewegungen der verschieden Formen umgesetzt werden.

    Auf Stehende Säule findet man dazu:
    Die Stehende Säule schult innere und äußere Haltung, korrigiert Dysbalancen und Asymmetrien. Sie dient der Entspannung, der Struktur des Körpers und der Entwicklung innerer Energie. Eine wichtige Rolle spielen die Gelenke.
    Die Stehende Säule ist als fundamentale Übung des Chen-Tai-Chi bekannt und wird auch Pfahlstehen genannt. In dieser Qigong-Stehmeditation entwickelt sich ein stabiles Gleichgewicht – sowohl körperlich als auch psychisch. Durch die stehende Säule wird auch der Wille gestärkt. Das Bewusstsein wird klar und kommt zur Ruhe. Die Stehende Säule ist naturgemäß auch eine gute Entspannungsübung. Bei Fortgeschrittenen werden Blockaden gelöst und energetische Qi-Aspekte spielen eine immer größere Rolle. Meister Zhang korrigierte jeden Schüler, erklärte die Korrekturen und unterrichtete auch Varianten, unterschiedliche Haltungen der Stehenden Säule.

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