Schlagwort-Archive: Gewebehormone

16) Gewebehormone

zurück zu Kapitel 1a

1. Zur Einteilung der Gewebehormone

Ursprünglich wurden die Prostaglandine als Gewebehormone bezeichnet, und sie stellen auf jeden Fall auch heute noch einen wichtigen Vertreter dar. Daher bezeichne ich die Mediatoren, die von der Arachidonsäure abgeleitet werden als „Gewebehormone im engeren Sinn“ (Leukotriene, Prostaglandine, Prostacycline und Thromboxane).

Nachdem man bei vielen Autoren auch die gastrointestinalen Hormone bzw. biologisch wirksame Peptide den Gewebehormonen zugerechnet findet, und man dies bei der Prüfung wissen sollte, werde ich sie ebenfalls unter dieser Frage anführen. Weiters kann man fast alle Mediatoren (Botenstoffe, die in vielen Geweben gebildet werden können, und sich – sofern sie nicht von Blutzellen selbst gebildet werden – h.s. durch Diffusion verbreiten; was z.B. bei synaptischen Modulatoren, die auch als Mediatoren gesehen werden, allerdings nicht zutrifft) die nirgends eindeutig zuordbar sind als Gewebehormone wiederfinden.

Hält man die Definition in zu engen Grenzen, z.B. „Gewebehormone sind Eicosanoide“, so wird dies wahrscheinlich nicht akzeptiert. Zu allgemein gehaltene Definitionen bergen aber die Gefahr in sich, daß man alle Kapitel der Physiologie gleichzeitig eröffnet, was nur in einer multifaktoriellen Verwirrung enden kann. Nicht aus Überzeugung, sondern weil folgende Substanzen bei der Prüfung unter „Gewebehormone“ vorkommen sollen, habe ich die Frage in folgende Unterpunkte gegliedert:

1.) Gewebehormone im ursprünglichen Sinn (Mediatoren von der Arachidonsäure abgeleitet).

2.) Gastrointestinale Hormone bzw. Mediatoren oder biologisch wirksame Peptide (incls. klassische Hormone).

3.) Hormone bzw. Mediatoren mit vordergründigen Gefäßwirksamkeit (insbes. die von AS abgeleiteten Mediatoren Histamin und Serotonin, sowie die Kinine).

4.) Weitere Mediatoren wie z.B. Wachstumsfaktoren (wie NFG), atrial natriuretisches Peptid u.a.

nach oben


1.1 Gewebehormone im ursprünglichen Sinn (Eicosanoide die von der Arachidonsäure abgeleitet werden

1.1.1 Prostaglandine (PGA1+2, PGE2, PGF2a, PGD2)

Sie kommen ubiquitär vor und wirken in erster Linie entzündungshemmend. Sie sind auch bei der Schmerzentstehung beteiligt, sowie bei der Blutstillung, und sie wirken allgemein h.s. vasodilatatorisch. Sie können glatte Muskulatur zur Kontraktion bringen (z.B. Gefäß- Uterus- u. Darmmuskulatur). Sie wirken sich weiters auf die Aggregation der Thrombocyten aus, sowie sie auch bei Immunreaktionen beteiligt sind. Sie haben auch einen hemmenden Einfluß auf daß Corpus luteum usw.

Die Prostaglandine PGA1 und PGA2 wirken besonders im Splanchnicusgebiet vasodilatatorisch;

PCA2 (Medullin – aus dem NNM) senkt den arteriellen Druck und steigert die Nierendurchblutung, sowie die renale Wasser-, Na+- und K+-Ausscheidung.

PGE: Zu den Wirkungen zählen: Vasodilatation, Hemmung der synaptischen NA-Freisetzung, Uteruskontraktion, Fiebererzeugung.

PGE2: Es hemmt die Magenssäureproduktion und wird auch lokales Nieren-hormon genannt, da es das Renin-Angiotensin System stimuliert.

PGF: Sie wirken vasoconstrictorisch und steigern den arteriellen Druck.

PGD: Kontraktion der glatten Bronchialmuskulatur.

PGF und PGE wirken oft antagonistisch.

Auch auf die Myokarddurchblutung wirken sich die im Endothel gebildeten Prostaglandine und Prostacycline aus. Zur Synthese der Phospholipide sind übrigens die „essentiellen Fettsäuren“ erforderlich, siehe Ernährung. Prostaglandine werden durch Phospholipasen gespalten und damit unwirksam gemacht, wodurch sich u.a. die lokale Wirksamkeit ergibt. Besonders hohe Konzentrationen an Prostaglandinen sind wie der Name verrät in der Prostata zu finden.

nach oben


1.1.2 Prostacycline

Sie werden von Endothelzellen produziert und bewirken eine Vasodilatation. Sie hemmen auch dìe Thrombocytenaggregation und sollen angeblich vor Artherosklerose schützen, obwohl man dies auch von Aspirin behauptet, welches bekanntlich Cyclooxygenase hemmt und somit die Bildung von Prostscycline vermindert.

nach oben


1.1.3 Thromboxan

Es fördert die Thrombocytenaggregation und wirkt vasoconstrictorisch. Thrombocyten können Arachidonsäure in Thromboxane umbauen. Thromboxan A2, bewirkt u.a. die irreversieble Thrornbosytenaggregation und die Strukturauflösung weiterer Blutplättchen (Freisetsungsreaktion, Aktivierung des Plättchenfaktors 3). Auf artherosklerotische Prozesse soll es sich fördernd auswirken.

nach oben


1.1.4 Leukotriene

Sie sind chemisch schon durch die offene Kettenstruktur von den cyclischen Endoperoxiden unterscheidbar. Ihre Entstehung h.s. in neutro- und eosinophilen Granulocyten, Gewebemakrophagen und Mastzellen wird durch die Lipoxygenase katalysiert.

Leukotrien B4: ein Mediatorstoff bei Entzündungsreaktionen, es steigert die Permeabilität der Capillaren und es lockt durch Chemotaxis Leukocyten an. Leukotrien C4 und D4 wirken bei anaphylaktischen Reaktionen (allergische Reaktionen auf wiederholt injiziertes, fremdes Eiweiß) mit. Sie führen zur Kontraktion der Bronchialmuskulatur und sind wahrscheinlich beim allergisch bedingten Asthma bronchiale beteiligt. 16.1.2) Gastrointestinale Hormone bzw. Mediatoren, bzw. biologisch wirksame Peptide, welche auch parakrine Wirkung haben können:

Gemeinsam ist den sog. gastrointestinalen Hormonen, daß sie alle ausnahmslos Peptide sind. Sie werden von einzelnen Zellen oder Zellgruppen der Mucosa produziert (disseminentes oder diffuses, endokrines System; lat. disseminare = aussäen, ausstreuen. Ausgesät wurde übrigens embryologisch gesehen von der Neuralleiste, daher auch die Bezeichnung „diffuses neuroendokrines System“). Die Substanzen können ihre Zielzellen entweder durch Diffusion durchs Interstitium (parakrine Wirkung) erreichen, oder aber auch über den humoralen Weg. (Es gibt übrigens auch Autoren, die die Meinung vertreten, daß ein Hormon, welches rasch abgebaut wird, wegen der geringen Reichweite auch dann parakrine Wirkung hätte, wenn es ins Blut sezerniert wurde. Ich persönlich halte diese Auffassung für sinnlos, verwirrend und unnötig.)

Gastrin, Sekretin und Cholecystokinin gehören wie gesagt zu den Hormonen im klassischen Sinn. Warum sie trotzdem unter den „Gewebehormonen zu finden sind habe ich schon erwähnt. Freigesetzt werden sie über vagale Reize oder über Receptoren, die auf Substanzen im Darmlumen reagieren.

nach oben


1.2 Gastrin

Es wird in den G-Zellen des Magens und des Duodenums gebildet. Als Reize wirken: ein pH größer 2,5, Alkohol, Eiweißabbauprodukte u.a. Es bewirkt vor allem eine Steigerung der Salzsäureproduktion. Es erhöht den oesophagealen Druck, fördert die distale Peristaltik des Magens, und es bewirkt mit Cholecystokinin wahrscheinlich den gastro-cholischen Reflex. Gastrin wird v.a. durch chemische und mechanische Reizung des Antrums aus der Magenschleimhaut freigesetzt und erreicht über das Blut weiter oral gelegene Magenanteile, wo es die H3O+ Produktion bzw. die HCl Sekretion fördert. Hohe [HCL] wirkt sich über negative Rückkopplung hemmend auf die HCL-Produktion aus. .)Sekretin: Es wird von den S-Zellen des Duodenums produziert, wobei saurer Mageninhalt als Reiz wirkt (E. H. Starling und W.M. Boyliss). Sekretin bewirkt, daß vom Pankreas vermehrt Wasser und Bicarbonat ausgeschüttet wird (antagonistische Wirkung zu Gastrin). Sekretinmangel kann zur Schädigung der Dünndarmmucosa durch den sauren Magensaft führen.

nach oben


1.3 Cholecystokinin – Pankreocymin = Pankreatin

Es wird in den I- bzw. E-Zellen des Dünndarms und v.a. des mittleren Duodenums produziert. Es bewirkt h.s.eine Förderung der Enzymsekretion des Pankreas und der Gallenausschüttung, sowie es die Darmperistaltik fördert. Auch auf die Schrittmacherfrequenz des distalen Magens wirkt es sich beschleunigend aus.

nach oben


1.4 Glucagon

Aus den A-Zellen des Pankreas bzw. aus den Entero-A-Zellen ist chemisch homolog zu Sekretin. Enteroglucagon hemmt die Sekretion des Magens und des Pankreas, und es stimuliert den hepatischen Gallenfluß. (Zu Glucagon siehe Frage 80 „Kohlenhydratstoffwechsel“; Insulin siehe Frage 18)

nach oben


1.5 Pankreatisches Polypeptid (PP)

Es hemmt die Sekretion des Pankreas und der Galle.

nach oben


1.6 Urogeston

Hemmung der Magensekretion

nach oben


1.7 GIP (glucose dependent insulinotropic peptid)

oder (gastrisches Inhibitor-Polypeptid): Es fördert die Insulinfreisetzung und hemmt die Magentätigkeit (bio-chemische Homologe zu Sekretin).

nach oben


1.8 Apoerythein (Intrinsic-Faktor)

Es ist nötig zur Resorption des Vitamins B 12 und es wird neben HCL in den Belegzellen der Magenschleimhaut gebildet.

nach oben


1.9 Somatostatin

Somatostatin wird einerseits in den D-Zellen des Pankreas produziert. Es hemmt parakrin die A- und B-Zellen, also die Insulin und Glucagonbildung. Im Magen-Darm-Trakt hemmt es die Motilität, sowie es die Gallenblase und die Sekretion von Verdauungssäften hemmt. Es führt zu einer Verminderung an Verdauungsaktivität und verhindert damit zu große Schwankungen des Blutglucosespiegels.

Andererseits ist es ein RH des Hypothalamus, welches die Freisetzung von GH hemmt.

nach oben


1.10 Motilin

Es fördert die Dünndarmmotilität, die Pepsinogensekretion und e.) Neurotensin: Es hemmt die Magensekretion und die Entleerung; es wirkt auch vasoconstrictorisch.s hemmt die Magenentleerung.

Neuropeptide kommen übrigens nicht nur als synaptische Modulatoren und Cotransmitter im Gehirn vor, sondern es wurden im Darm auch Opiatreceptoren gefunden, die z.B. auf Enkephaline und Endorphine ansprechen.

nach oben


1.11 VIP (vasoaktives intestinales Polypeptid)

Es hemmt die Magensaftsekretion und stimuliert die Pankreassekretion (Bicarbonat), sowie den Gallenfluß. Außerdem wirkt es relaxierend auf die glatte Muskulatur.

nach oben


1.12 Substanz P

stimuliert die Speicheldrüsen und bewirkt Kontraktion der glatten Muskulatur (siehe auch Schmerzentstehung).

nach oben


1.13 Enkephaline und Endorphine

hemmen die Kontraktion der glatten Muskulatur.

1.14 Hormone bzw. Mediatoren mit vordergründiger Gefäßwirkung

Hier sind vor allem die von AS abgeleiteten Mediatoren Histamin und Serotonin (biogene Amine) und die Kinine zu nennen. Unter Mediatoren versteht man, wie bereits erwähnt, Botenstoffe, die in vielen Geweben gebildet werden können, und sich durch Diffusion verbreiten, soweit sie nicht im Blut selbst gebildet werden.

nach oben


1.14.1 Histamin

Es entsteht durch Decarboxylierung aus Histidin. Histamin kommt ubiquitär vor und ist bes. in den Mastzellen und den basophilen Granulocyten (an Heparin gebunden gespeichert) zu finden. Histamin relaxiert die glatte Gefäßmuskulatur, wirkt also vasodilatatorisch. Es erhöht die Gefäßpermeabilität. Histamin ist außerdem bei allergischen Reaktionen vom Soforttyp beteiligt (a naphylaktischer Schock, Urtikaria, Ödembildung), sowie bei Entzündungen und Verbrennungen; weiteres siehe unter den jeweiligen Fragen.

nach oben


1.14.2 Serotonin

Es wird aus Tryptophan gebildet und in Thrombocyten gespeichert. Es ist in enterochromaffinen Zellen und in Mastzellen zu finden. Serotonin wird schon bei der primären Hämostase, also bei der Blutstillung aus Thrombocyten freigesetzt, und bewirkt eine Vasoconstriction. Weiters kommt Serotonin im ZNS vor, siehe unter Monaminerges System. Das Serotonin, welches in der Darmschleimhaut vorkommt, wirkt sich h.s. fördernd auf die Peristaltik aus.

nach oben


1.14.3 Kallikrein-Kinin-System

Im Blutplasma liegt das Präkakallikrein (Fletcher-Faktor) als Proenzym vor. Dieses b-Globulin wird z.B. bei der Hämostase durch den aktivierten Hageman-Faktor (XIIa) zu Kallikrein aktiviert. Kallikrein unterstützt seinerseits wieder die Aktivierung des Faktors XII und XI (Plasmathromboplastin-antecedent). Weiters ist im Plasma das Hochmolekulare Kininogen (Fitzgerald-Faktor zu finden. Es handelt sich um ein b-Globulin, welches die Kontaktaktivierung von Faktor XII und XI unterstützt. Kallikrein kann nach seiner Aktivierung aus dem Kininogen (a2-Globulin) das Dekapeptid Kallidin freisetzen, aus dem durch Abspaltung von Lysin ein Nonapeptid, nämlich Bradykini entsteht. Bradykinin wird durch Kinase I und II abgebaut, welches dem „converting enzyme“, das auch AngiotensinI in Angiotensin II umwandelt, entspricht. Kallidin und Bradykinin wirken sark vasodilatatorisch auf Arteriolen und sie erhöhen die Capillarpermeabilität. Die Drüsengefäße des Magen-Darm-Traktes werden bei erhöhter Tätigkeit vorwiegend durch Kininwirkung dilatatiert (Dilatation ist eine Erweiterung, Dehnung – lat. dilatare; Dilation (dilatio) wird hingegen für Verzögerung verwendet, daher unterscheide ich in dalatiert und dilatatiert. Kinine sind auch bei der Aktlvierung der Schweißdrüsen der Haut beteiligt. Weiters sind sie im Zusammenhang mit entzündlichen Reaktionen und eventuell bei der Schmerzentstehung zu finden.

Allgemein versteht man unter Kinine eben die drei Peptide Bradykinin, Kallidin und Methyl-Kallidin, die aus Koninogen – einem in der Leber synthetisiertem a2-Globulin – freigesetzt werden und zwar durch Enzyme die als Kallikreine bezeichnet werden. die Kallikreine entstehen aus Präkallikreinen, die im Blutplasma, Granulocyten, Speichel-, Tränen-, Schweißdrüsen, Nieren, Pankreas und Darm (Gewebekallikreine) vorkommen. die Aktivierung von Präkallikrein zu Kallikrein erfolgt in Gegenwart des Hagemannfaktors.

Außer Kallikrein können auch Trypsin, Plasmin, Pepsin (Serin-Proteasen), Schlangengifte und bakterielle Enzyme Kinine freisetzen.

Kinine werden innerhalb von sec durch Kininhydrolasen inaktiviert. Gefäßerweiterung, Capillarpermeabilitätserhöhung und Förderung der Leukocytenemigration gehören zu ihren Wirkungen.

nach oben


1.15 Weitere Mediatoren

Hier möchte ich als Beispiel anführen, daß Cholinesterase, die beim Erwachsenen ja das Ach an der motorischen Endplatte abbaut, während der Embryonalentwicklung in jeder Organanlage nachweisbar ist, wenn sich die Organstruktur ausbildet. Ihre Funktion hängt wahrscheinlich mit der Regelung der Zellbewegungen zusammen. Dieses Beispiel habe ich nur angeführt, um zu zeigen, welche Probleme sich ergeben, vesucht man chemische Substanzen nicht nach ihrer Molekülstruktur, sondern nach funktionellen Kriterien einzuteilen; Ob diverse Wachstumsfaktoren z.B. der „nerve growth faktor“, oder die Cholinesterase in best. Embryonalstadien ebenfalls zu den Gewebehormonen gerechnet werden können wie die „Herz- und Nierenmediatoren“ entzieht sich meiner Kenntnis. Ich möchte aber noch den ANFanführen.

.) ANF (atrialer natriuretischer Faktor): Er wird in den Herzvorhöfen synthetisiert und gespeichert. ANF bewirkt wine Steigerung der glomulären Filtrationsrate und es vermindert die Na+-resorption am Ende des Nephrons. ANF spielt somit eine wichtige Rolle bei der Regulation der ECF und somit auch des Blutvolumens, was sich in weiterer Folge natürlich auch auf den BD auswirkt. Renin, Angiotensin und Erythropoietin seien an dieser Stelle noch erwähnt.

nach oben


1.2 Zwischenfragen

  • Definieren Sie „Gewebehormone“. (Das wird tatsächlich von Studenten verlangt, die sich laut Studienplan im vierten Semester befinden sollen! Aber wie sollten wohl sonst jemals Definitionen zustande kommen?).
  • Wo werden sie gebildet?
  • Was sind Kinine?
  • Was wissen Sie über gastrointestinale Hormone?
  • Wie wirkt Sekretin?
  • Was versteht man unter Prostaglandine?
  • Was ist Pankreocymin?

nach oben

(2345)