„Mein Kampf – ein Krampf“ oder „Wien-Wahl 2015: Diskussion der Spitzenkandidaten“

(Last Updated On: 18. Oktober 2015)

elefant1Ich schäme mich für diesen Artikel, aber ich kann es nicht ändern. Meine Welt steht am Kopf und so unangenehm das für mich auch ist – es ist so.
Ich kämpfe 2015 nicht um Wien, sondern ich hisse wieder einmal die weiße Fahne und überlasse euch die Stadt kampflos. Ich sah mir nämlich gestern „Kampf um Wien“ an, obwohl ich schon alleine durch diese Bezeichnung wusste, dass es nichts neues geben wird. Keine Politik, keine Konzepte, keine Ideen, außer den Gegner schlecht zu reden natürlich, sondern nur einen Kampf um Macht und Einfluss. Ich war mir sicher, dass es ein „Krampf um Wien“ werden würde und behielt recht. In meiner Jugend hatte ich noch eine rot-weiße Tendenz, die dann kurzfristig grün-weiß wurde. Jetzt tendiere ich nicht einmal mehr zu weiß.

Als Höhepunkt des Wiener Landtags-Wahlkampfes treffen Michael Häupl (SPÖ), Maria Vassilakou (Grüne), HC Strache (FPÖ), Manfred Juraczka (ÖVP) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) aufeinander.

Von den Parteistatuten und meiner Gesinnung her, war meine Reihenfolge klar: „Maria Vassilakou (Grüne) dann lange nichts, dann Beate Meinl-Reisinger (Neos), Michael Häupl (SPÖ), Manfred Juraczka (ÖVP), dann nichts mehr, oder wenn ich schon demokratisch sein will, wieder lange nichts und dann HC Strache (FPÖ)“.

Es ist meine persönliche Katastrophe, dass die Reihenfolge, wie ich die Spitzenkandidaten gestern erlebte, fast genau umgekehrt ist. Werde ich schizophren, oder was ist bloß los mit mir? Ich sollte wenigstens schweigen und nichts zu dieser Katastrophe sagen, aber das liegt nicht in meiner Natur. Ich sehe der Katastrophe ins Auge und gebe zu, dass für mich Herr Strache bei weitem am besten abgeschnitten hat. Herr Juraczka war bei mir am zweiten Platz und erst dann kamen Frau Vassilakou, Herr Häupl und Frau Meinl-Reisinger. Wieso Frau Meinl-Reisinger überhaupt dabei war, kann ich mir nicht ganz erklären. Ist sie eine Politikerin? Wenn ja, dann ist sie laut ihren eigenen Aussagen eine schlechte Politikerin. Daher hätte man sie gar nicht einladen sollen, denn die Vertreter der Monarchisten, der Erdogan-Liste oder der Männerpartei etc. waren ja auch nicht dabei.

Worum ging es in dieser Elefantenrunde? Um Themen, für die sie nicht zuständig sind! Ich wiederhole mich, weil ich es sonst selbst nicht glauben kann, was ich da schreibe. Ja, es wurde fast nur über Themen gesprochen, für die die Anwesenden nicht zuständig sind! Ein Geniestreich auf Wienerisch!

Strache hat für mich eindeutig als einziger vernünftig geklungen und im Kern seiner Aussage mich wieder gegeben, was aus meinen Notizen hier (Flüchtlingspolitik) nachzulesen ist. Gezwungener weiße aber leider auch zu Themen, für die er nicht zuständig ist. Er war sachlicher als alle anderen, obwohl man gerade ihm ja immer wieder Opportunismus, Hetze, Ausländerfeindlichkeit und was weiß ich was, vorwirft.
Herr Häupl redet zuerst auch über EU-Politik und dann eröffnete er die Schlammschlacht mit einem Foto, auf dem FPÖ-Funktionäre gegen die Aufnahmen der Flüchtlinge demonstrieren. Was macht Strache? Er lässt sich nicht beschmutzen, fängt das Schlammpaket und wirft es zurück mit der Aussage, dass das Innenministerium bestätigt hätte, dass kein einziges der Kinder, die am Foto zu sehen sind aufgenommen worden wären.
Worum ging es Häupel dabei? Um eine Lösung in der Flüchtlingsfrage für Wien? Nein, er wollte nicht charakterlos dastehen. Also um ein rein persönliches Motiv. Das ist erbärmlich Herr Häupl. Aber es kommt noch schlimmer. Den Grünen wird ja immer wieder unterstellt, dass sie eine Partei für Intellektuelle wären. Was sagt Frau Vassilakou dazu? Sie ruft dazwischen! Herr Strache sei zynisch! Man sieht das Foto! Man sieht das Kind auf dem Foto!
Bitte, wie dumm ist das denn? Unterbrechen, sich ohne Sprachkultur mit einem Zwischenruf aufdrängen und dann so einen unglaublichen Schwachsinn äußern. Ja, Frau Vassilakou, sie haben ja eh ganz recht, man hat das Foto wirklich gesehen und wenn das eine Elefantenrunde sein soll, dann sind Sie der Elefant im Porzellanladen. Wenn sie gemeinsam mit Frau Meinl-Reisinger mit wortloser Anwesenheit geglänzt hätten, wäre es für eure Parteien vermutlich besser gewesen. Was wir nicht brauchen in Wien, meint Frau Vassilakou „ist der Zaun, der Strache, der Stacheldraht, …(dieses Gestammel sollte wahrscheinlich die Assoziation „Stracheldraht“ erwecken, oder sie kann einfach wirklich keine ganzen Sätze formulieren) den Giganten wie Gorbatschow und Kohl entfernten. Wow, zuerst sind wir bei Themen, für die ihr nicht zuständig seid, jetzt bekommen wir auch noch Geschichtsunterricht. Weiter meint Frau Vassilakou: „was wir jetzt nicht brauchen sind politische Zwerge, wie den Herrn Strache, die uns wieder einzäunen“.
Spätestens jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, wo mir die Haare zu Berge stehen. Wieso wirft man Strache permanent Unmenschlichkeit vor? Wer ist denn jetzt verantwortlich – die regierenden Parteien, oder die Opposition?
Wer hätte denn verhindern sollen, dass die Flüchtlinge schlecht behandelt und kreuz und quer, sinnlos durch die EU gehetzt werden? Herr Strache etwa? Liebe Leute, er trägt nicht die Kaiserkrone in der EU und er kandidiert auch nicht um dieses Amt!
Hätte Herr Strache das Sagen, wären wahrscheinlich nicht tausende Flüchtlinge bei uns in einem erbärmlichen Zustand auf Bahnhöfen. Es ist darüber hinaus sicher nicht die Aufgabe von staatstragenden Politikern, auf Bahnhöfen herum zu hängen. Es ist die Aufgabe aller Menschen zu helfen, wenn Hilfe nötig ist. Aber es kann doch nicht die Aufgabe eines Politikers in seiner Funktion sein, dass er an hilfsbedürftige Menschen Essen oder Kleider verteilt, oder sie herzlich begrüßt. Das können wir alle, dazu brauchen wir kein politisches Amt, Frau Vassilakou! Wenn Herr Strache in seiner Freizeit als Mensch sich am Westbahnhof nützlich machen würde, so wäre das seine Sache und begrüßenswert, aber es kann niemals seine politische Aufgabe sein. Ja, Sie, Herr Häupl und Herr Juraczka hätten wirklich allen Grund, sich direkt unmittelbar anzusehen, was ihr angerichtet habt. Dass da ein eigenhändig überreichter Apfel und ein Butterbrot genügen kann, bezweifle ich. Was hat das alles mit Landespolitik zu tun? Es freut mich, wenn jemand Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft zeigt, aber noch einmal, vielleicht versteht es dann jemand: „es wäre die Aufgabe der regierenden Politiker gewesen, dafür zu sorgen, dass es gar nicht so weit kommt“.

Herr Juraczka hat wenigsten zynisch erwähnt, dass er froh ist, dass das Thema „Flüchtlinge“, das die EU, USA und Russland nicht lösen können, im Wiener Landtags-Wahlkampf das wichtigste Thema ist. Trotzdem kann er sich diesen Unsinn natürlich auch nicht entziehen und legt seine persönliche Meinung dar und die ist recht vernünfig und anständig.
„Bleiberecht für Alle“ oder „Kein Mensch ist illegal“ hat er genau so kritisiert, wie die Aussagen von FPÖ-Funktionären, die von „Erd- und Höhlenmenschen“ sprachen, oder zu dem tragischen Tod eines Kindes meinten: „der Gschrap ist deshalb ertrunken, weil sich sein Vater in Deutschland kostenlos die Zähne richten lassen wollte“.
Ja, die FPÖ besteht eben nicht nur aus Straches, da hat Herr Juraczka völlig recht.
Nach 25 Minuten und 20 Sekunden findet es Frau Meinl-Reisinger gut, dass man die minderjährigen, „unbekleideten“ Kinder aufgenommen hat. Erst in der eindringlichen Wiederholung bringt sie ihre gesamte Konzentration auf und macht deutlich, dass sie eigentlich „unbegleitete“ Kinder meinte. Also wenn Sprachkurse für Flüchtlinge organisiert werden ist das sehr gut und schön und vielleicht findet sich dort auch noch ein freier Platz für Frau Meinl-Reisinger.

Hätte ich das Schlusswort von Herrn Häupl nicht gesehen, sondern mit einem Stimmverzehrer gehört, hätte ich die Aussagen vermutlich Herrn Strache zugeordnet. Zwangsehe geht gar nicht, Matschos usw. also von dem her, was ich über Herrn Strache und die FPÖ bis jetzt gehört habe, hätte ich diese Aussagen dort angesiedelt, aber es sprach Herr Häupl.

Herr Strache stellt dann einmal richtig, was die Zahlen der Flüchtlinge, die in Österreich bleiben wollen, betrifft. Sein Rezept: „die Integration fördern“. Die Moderatorin meint, das hat Herr Häupl auch gerade gesagt und dann kam Staches „naja“ und los ging es. Eine fatale Breitseite nach der anderen.
Herr Strache bringt die radikalen Islamisten ins Spiel, zeigt auf, dass ein unkontrolliertes Öffnen der Grenzen nicht sinnvoll sein kann. Er spricht von Subventionen in Millionenhöhe für türkische Vereine, die nichts mit Integration zu tun hatten. Er spricht von Parallelgesellschaften und meint, dass diese Politik auch dadurch sichtbar wird, dass bei der Wiener-Wahl jetzt auch eine Erdogan-Liste antritt. Taferl sind in, also kommt jetzt ein Foto vom „1. Mai Aufmarsch“, das Demonstranten mit der türkischen Fahnen zeigt.
Wow, 100 Punkte für Herrn Strache, auch wenn mir dabei das Herz blutet. Und dann führt er auch noch den Kindergarten-Pädagogen an, der unter der Grün-Roten Regierung entlassen wurde, weil der den Kindern das Christfest näher bringen wollte oder so. Ich kenne die Geschichte nicht, aber ein allgemeiner Aufschrei ging durch die Runde und wieder ein deutlich lauter Zwischenruf von Frau Vassilakou: „nein, nicht schon wieder dieses Märchen“. Also Herr Strache, alle Achtung, sie sind für mich rhetorisch unschlagbar, zivilisierter als die anderen und bringen Argumente, die ihre Gegner in Angst und Schrecken versetzten. Dann sollte sich Herr Häupl schämen, der prompt keine bessere direkte Antwort und Unterbrechung wusste, als: „na, Sie sollten sich schämen für solche Behauptungen“. Das war erbärmlich, kindisch und außerdem ist das ja nachvollziehbar, ob die Behauptungen von Herrn Strache stimmen. Mit Al-Rawi und der Hammas als Beispiel für die Integrationspolitik der Rot-Grünen setzt er zum Todesstoß an und erledigt SPÖ und Die Grünen endgültig. Die Neos haben sich sowieso schon von Anfang an selbst erledigt, also bleibt als einziger Gegner in dieser Runde Herr Juraczka übrig.
Ja, der einzige der vielleicht rhetorisch mit Herrn Strache mithalten hätte können, wäre meiner Meinung nach Herr Kogler, aber ist leider nicht im Team für Wien.
Ich habe 40 Jahre lang rot, dann grün und dazwischen immer wieder weiß gewählt. Meist nur aus dem einen Grund, damit die Blauen um meine Stimme weniger bekommen. Jetzt steigt mir das blanke Entsetzen auf. Herr Strache war eindeutig um vieles besser, als alle anderen zusammen. Am zweit besten schnitt bei mir Herr Juraczka ab und damit ist meine Welt völlig auf den Kopf gestellt. Was soll ich jetzt bloß machen? Ich kann nicht einmal mehr weiß wählen. Auf diesen Schock, kann ich nur zu hause bleiben, oder eine eigene Partei gründen. Käme letzteres für mich wirklich in Frage, würde ich Österreichs Direkte Demokratie gründen, oder etwas in diese Richtung.

Weblinks:
ORF TVTHEK
Wiener Wahl 2015
Elefantenrunde: „Alle sind gegen den Strache“
Diskussion zur Wien-Wahl auf ORF und Puls 4: Halbkreis der Erregung


Die zwei Bilder sind Sreenshots von der Übertragung der Sendung im ORF 2.

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2 Gedanken zu „„Mein Kampf – ein Krampf“ oder „Wien-Wahl 2015: Diskussion der Spitzenkandidaten““

  1. Nachtrag zu meinem Artikel:
    Nicht nur Herr Kogler, sondern auch Frau Glawischnig hätte rhetorisch und vom Auftreten her eventuell eine Chance gegen Herrn Strache gehabt, aber Frau Vassilakou war meines Erachtens eine einzige Katastrophe. Kein ruhiger, konzentrierte Vortrag des eigenen Konzeptes. Gibt es überhaupt eines, außer auf Bahnhöfen zu helfen und sich dafür selbst öffentlich beweihräuchern zu lassen und in ungehobelter Manier Herrn Strache anzugreifen? Mir ist das jedenfalls viel, viel, viel zu wenig. Vermutlich gäbe es auch noch andere fähige Leute bei den Grünen, aber schon alleine die Mimik, die Frau Vassilakou zeigte, geht meiner Meinung nach in einer Fernsehübertragung überhaupt nicht. Man kann sich doch nicht anmerken lassen, dass man verzweifelt, planlos und deprimiert ist und dann auch noch aufmüpfig reagieren. Da fehlt einfach die Klasse, die ein Politiker bzw. eine Politikerin haben sollte, wenn man sie in die Elefantenrunde schickt. Persönlich habe ich gar nichts gegen Frau Vassilakou, sie ist mir sogar sympathisch, aber wenn ich den TV-Auftritt von Sprache, Thema, Ausstrahlung, Wortwahl, Konzept, … her vergleiche, dann wisst ihr ja, was bei mir dabei heraus kommt. Ich muss eine eigene Partei gründen, oder weiß wählen.

  2. Habe zu diesem Artikel gerade eine Kommentar auf FB erhalten und geantwortet:
    Danke für den Kommentar Thomas. Ich könnte Strache nie im Leben wählen, das geht für mich überhaupt nicht. Trotzdem wünschte ich mir einen Strache bei den Grünen oder in der SPÖ. Auch wenn er aus einer Partei kommt, die für mich untragbar ist, so hat er für mich in der Diskussion bei weitem am besten abgeschnitten. Er ist mir in der Elefantenrunde vorgekommen, wie ein Diplomat und Politiker mit Format und Charisma unter ein paar trotzigen Kindern. Ich muss leider wieder weiß wählen, falls ich mich überhaupt auf den Weg zum Wahllokal mache. LG

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