Taiji Tanglangquan

Ich habe gerade erst mit dem Kurs begonnen, aber schon die ersten Bewegungen der Loan Jie haben mir gezeigt, dass mir diese spiraligen Bewegungen liegen. Bei mir sehen sie zwar bestimmt noch sehr seltsam aus, da mir die Geschmeidigkeit fehlt, aber was kann man am Anfang anderes erwarten? Ab sofort baue ich diese Bewegungsabfolge in meine täglichen Morgenübung auf der Wiese ein. Seit ich Taijiquan betreibe habe ich keine Probleme mehr mit meinem Rücken und ich bin mir recht sicher, dass ich mit Tanglang meine Beweglichkeit verbessern kann und v.a. die Bein- und Rückenmuskulatur dabei gestärkt wird. Diese seltsamen Verrenkungen tun mir so richtig gut, obwohl ich sie noch etwas vorsichtig und zaghaft ausführe, um mich dabei nicht selbst zu verletzen. 😉
Ich glaube eine ideale Ergänzung zu Qigong und Taijiquan gefunden zu haben. Baihequan stelle ich daher vorerst zurück, also ich verschiebe es auf später. Ich habe ja genug Zeit, denn Taijiquan Ausübende sollen angeblich recht alt werden.

Bewertung

Vor einigen Jahrzehnten war ich in einer Jugendkrise und fand mir als einzigen naiven Ausweg, die Matura machen zu wollen und Medizin zu studieren. Ich dachte, damit könne ich keine falsche Entscheidung treffen, wenn ich meinen Mitmenschen hilfreich sein werde. Schon nach der Matura zweifelte ich daran und sah ein, dass es nicht nur darauf ankommt, was man macht, sondern auch wie man es macht und vor allem, warum man etwas macht. Bei den Vorbereitungen auf Physio blieb ich aus Interesse bei der faszinierenden Neurophysiologie hängen. Reste aus dieser Zeit, die ohnehin nur mehr aus nostalgischen Gründen im Netz sind, erinnern mich daran. Außerdem wurde mir zu dieser Zeit klar, dass ich das Leid anderer nicht ständig ertragen könnte, ich würde aus Mitleid schnell selbst krank werden und ich bewundere seither die starken Menschen, die damit umgehen können.
Damals waren unter anderem die Gehirnstrukturen und Mechanismen der Bewertung von Information überaus interessant für mich. Ich hatte sogar die Absicht, meine Pläne mittels EDV und später auch mit Internetinhalten und der KI umzusetzen. Keine kurzen Fantasien, sondern wirklich ausführliche Pläne und Modelle. Ich wollte dem Bewertungssystem auf die Spur kommen und es nach programmieren.
Heute kann ich darüber nur noch lächeln, aber ein signifikanter, stetiger Wandel in meinem eigenen Bewertungssystem fällt mir gerade noch auf.
Bis etwa zu meinem dreißigsten Lebensjahr gab es immer wieder “etwas”, das mich so eingenommen hat, dass ich sonst kaum “etwas” anderes bemerkte. Jetzt kommt mir das vor, als lebte ich im finsteren Mittelalter. Dieses “etwas”, was ich jetzt als am wichtigsten erachte, habe ich damals nicht eimal gesehen.
Genau wegen so einem “etwas” schreibe ich heute diesen Artikel, denn heute habe ich so “etwas” wieder gesehen, gerochen, gehört, gefühlt, einfach erlebt.
Die Farben der Natur haben sich an dem ersten, wirklich warmen Tag innerhalb von Stunden um eine Nuance geändert. Ich konnte es riechen und spüren, wie die Bäume, Sträucher und Gräser zum Leben erwachten. Ich fühlte es direkt, kann es leider nicht näher beschreiben, aber es ist “etwas”, was mir heute am wichtigsten war. Auch an diesen Lebewesen, die nicht mit ihrem Leben aus Wasser, Sonnenlicht und Stickstoff für uns die Voraussetzungen für ein Leben schaffen, habe ich es bemerkt. Bei den Vögeln und den in der freien Natur lebenden Tieren war es auffällig und leicht zu erfahren, aber bei den Haustieren und Menschen konnte ich nur eine allgemein bessere Stimmung feststellen. Dabei ist natürlich möglich, dass ich das nur subjektiv so empfunden habe, aber ich glaube, es war keine Einbildung. Auch die Menschen haben es gespürt, obwohl es vielen sicher nicht so aufgefallen ist, bzw. bewusst wurde, weshalb sie heute besser aufgelegt waren, als sonst. Ich kann mir vorstellen, dass es manchen vielleicht einfach nicht wichtig ist, denn vor etwa 20 bis 30 Jahren hätte ich dieses Erwachen der Natur auch nicht so bemerkt und nicht so eindrucksvoll empfunden. Damals war es selbstverstädlich, wenn ich es überhaupt bemerkte.
Heute ist dieses wunderbare Schauspiel der Natur für mich nicht mehr selbstverständlich. Ich erlebe und bewerte es sogar so, dass ich sagen kann: “es ist mein Leben”.